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Mehlarten und Mehltypen

Ich verwende Roggen-, Weizen- und Dinkelmehle. Und da ich zur Zeit noch vielfach die Rezepte anderer Profi- oder Hobbybäcker aus D-A-CH nachbacke, versuche ich möglichst auch die entsprechenden Mehle aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz zu verwenden.

Sofern das Mehl des jeweiligen Herkunftslandes verfügbar ist, gibt es keine Probleme. Sobald man aber z.B. versucht mit deutschen Mehlen ein österreichisches Rezept nachzubacken, wird man feststellen, dass es zwischen den in Deutschland üblichen und den in Österreich und wiederum auch in der Schweiz verwendeten Mehltypen unterschiedliche Bezeichnungen gibt.

In Deutschland und Österreich wird das Mehl nach der jeweiligen Getreideart und mit einer Typenzahl benannt. Dabei ist die Typenzahl des gemahlenen Mehls ein Indikator für den Grad der Ausmahlung des jeweiligen Getreides. Grundsätzlich gilt: je größer die Typenzahl, desto weniger wurde das Korn ausgemahlen, das heißt, es enthält noch Anteile der äußeren Hülle (Schalenteile) des Korns. Je kleiner jedoch die Typenzahl ist, desto "reiner" ist das Mehl, das heißt, es enthält nur noch das Innere des Korns, also den Mehlkörper.

Daraus folgt, dass nach den geschroteten Körnern, die Mehltypen mit den höchsten Typenzahlen und danach absteigend die "feineren" Mehltypen folgen.

Die Typenzahlen werden labortechnisch in der Weise ermittelt, dass eine definierte Menge des jeweiligen Mehls (100g) in einem Muffelofen bei 900°C / 2Std. verascht werden. Die zurückgebliebene Aschemenge (Mineralstoffe) ergibt die Typenzahl. Bleiben also von 100g Weizenmehl letztlich 550 mg Asche übrig, entspricht dieses Mehl dem Typ 550.

Eine über alle Maßen informative Darstellung zu diesem Thema und zu den verschiedenen Getreidesorten stammt von Dietmar Kappl: "Vom Getreide zum gewünschten Mehltyp" (http://www.homebaking.at/vom-getreide-zum-gewuenschten-mehltyp-teil-1/). In zwei Teilen hat Dietmar Kappl alles Wissenswerte zusammengestellt und erklärt. 

Trotzdem ist es gelegentlich erforderlich, z.B. ein gerade nicht vorhandenes österreichisches Mehl durch ein deutsches zu ersetzen. Hier hilft mir folgende Übersicht, die wiederum von Dietmar Kappl stammt:

Österreichische Mehle:

Weizenmehl Type 480
Weizenmehl Type 700
Weizenmehl Type 1600
Vollkornmehl

Roggenmehl Type 500 (Vorschußmehl)
Roggenmehl Type 960 (Brotmehl)
Roggenmehl Type 2500 (Schwarzroggen)
Roggenvollkornmehl

Dinkelmehl Type 630/700
Dinkelmehl Type 812
Dinkelmehl Type 1050

Deutsche Mehle:

Weizenmehl Type 405 (Österreich – W/480)
Weizenmehl Type 550
Weizenmehl Type 812 (Österreich – W/700)
Weizenmehl Type 1050 (Österreich – W/1600)
Weizenmehl Type 1600 (Österreich – Vollkornmehl)
Roggenmehl Type 815 (Österreich – R/500)
Roggenmehl Type 997 (Österreich – heller R/960)
Roggenmehl Type 1150 (Österreich – R/960)
Roggenmehl Type 1800 (Roggenvollkornmehl)

Schweizer Mehle:

Weissmehl Type 400 (Österreich – W480)
Weissmehl Type 550
Halbweissmehl Type 720 (Österreich – W700)
Ruchmehl Type 1100 (Österreich – W1600)
Vollkornmehl Type 1900 (Österreich – Vollkornmehl)

Roggenmehl hell Type 720 (Österreich -R/500)
Roggenmehl dunkel Type 1100 (Österreich -R/960)
Roggenvollkornmehl Type 1900 (Österreich -Roggenvollkornmehl)
(In Schweizer Rezepturen sind Mehle oftmals als Weiss-, Halbweiss-, oder als
Ruchmehl angeführt.)

Französische Mehle:

Farine T-45 (Österreich – W480)
Farine T-55
Farine T-65 (Österreich – W700)
Farine T-80 (Österreich – W1600)
Farine T-110
Farine T-150 (Österreich – Vollkornmehl)

Farine de seigle T-70 (Österreichisch – R500)
Farine de seigle T-130 (Österreichisch – R960)
Farine de seigle T-170 (Österreichisch – Vollkornmehl)

Italienische Mehle:

Farina di grano tenero tipo 0
Farina di grano tenero tipo 1 (Österreich – W700)
Farina di grano tenero tipo 2 (Österreich – W1600)
Farina intergrale die grano tenero (Österreich – Vollkornmehl)

Amerikanische Mehle:

pastry cake flour 8,5-9,5% Proteine (Österreich – W480)
all purpose flour 10,5-11,5% Proteine (Österreich – W700)
bread flour 11-12,5% Proteine
high gluten flour / Strong bread 12-14% Proteine
first clear flour 13-15 %Proteine (Österreich – W1600)
white whole grain 13,8% Proteine (Österreich – Vollkornmehl)

rye flour/Roggenmehl
white flour 6,5-7,5% Proteine (Österreich – R500)
white flour 7-8% Proteine (Österreich – R960)
white flour 8-9% Proteine (Österreich – R960)
medium flour 9-10% Proteine (Österreich – R960+R2500/4:1)
whole grain 9-10,5% Proteine (Österreich – Vollkornmehl)
Rye meal 11-12% Proteine (Österreich – R2500)

(Die in Klammer stehenden Österreichischen Mehltypen sind nur Richtwerte zum
Vergleichen, aber kein direkter Austausch!)

Auffällig ist, dass in der Schweiz die bei uns und in Österreich gebräuchliche Typenbezeichnung längst nicht so gebräuchlich ist und in den USA die Mehle nach ihrem Proteingehalt klassifiziert werden. Dies erklärt, warum viele in den USA lebende Deutsche Probleme haben, ein deutsches Rezept mit den in den USA gebräuchlichen Mehlen nachzubacken.


Funktionelle Eigenschaften der Rohstoffe bei Hefefeinteigen
Von Dietmar Kappl 26.05.2016 (https://homebaking.at/zuckerschnecken)
 
Weizenmehl:
Weizenmehl enthält Weizenkleber, Stärke, Mineral- und Ballaststoffe. Der Weizenkleber kann durch mehleigene oder zugesetzte Enzyme während der Teigreife abgebaut werden. Dabei wird er im ersten Schritt dehnbarer. Bei längerer Einwirkzeit verliert er seine Elastizität, gibt das gebundene Wasser wieder ab, die Oberfläche beginnt zu glänzen und er verliert das Gashaltevermögen. Wesentlicher als der Abbau durch Enzyme ist bei Hefeteigen die Beeinflussung des Klebers durch Fett und andere Eiweiße.

Der Zusatz von bis zu 20% Butter, auf Mehl bezogen, macht die Teige dehnbarer und auch plastischer. Bei mehr als 20% werden die Teige kürzer und reißen leicht beim Dehnen.  Wenn noch zusätzlich Zucker zugesetzt wird, kann schon bei 10% Fettzugabe der teig deutlich kürzer werden.

Durch Zusatz von Milch und/oder Vollei kann der Weizenkleber ebenfalls dehnbarer gemacht werden. Der Grund dafür liegt in der Reaktion der Eiweiße aus der Milch und den Eiern mit dem Klebereiweiß.

Die Stärke im Weizenmehl nimmt während des Backens das Wasser aus dem Teig auf und verkleistert mehr oder weniger. Hohe Anteile an Fett und Zucker vermindern den Wasseranteil im Teig und führen zu sehr kurzen Gebäckeigenschaften, weil die Stärke nur in einem geringen Maße verkleistert. Werden die Gebäcke zu zäh, sollte man den Butteranteil erhöhen.

Wasser und Milch
Der Zusatz von Milch führt immer zu einem Gebäck mit besserer Qualität. 
Hefegebäcke mit Milchzusatz haben folgende Vorteile:
  • Verbesserung der Teigeigenschaften: Teige sind dehnbarer und wolliger
  • größeres Volumen durch bessere Gashaltung des Klebers: Emulgatoreffekt der Milchinhaltsstoffe 
  • intensivere Bräunung der Gebäcke durch den Milchzucker 
  • feiner geporte und saftigere Krume mit längerer Frischhaltung 
  • besserer Geschmack durch das Milchfett

Butter 
Butter besteht aus 82% Fett, 16% Wasser, 0,5% Eiweiß und 0,5% Kohlenhydrate. Für die Herstellung von 1kg Butter sind etwa 24 Liter Milch notwendig.

Der Zeitpunkt der Butterbeigabe ist von verschiedenen Faktoren wie der Rezeptur, der Buttermenge, der Teigkonsistenz, der Chargengröße sowie dem Maschinentyp abhängig. Ab einer Buttermenge von 10% empfiehlt sich Beigabe erst nach 3-4 Minuten Mischzeit. Durch die verzögerte Butterbeigabe wird eine trockene, zugleich aber dehnbare Teigstruktur erzielt.

Die Butterkonstistenz ist bei der Teigherstellung ein wichtiger Einflussfaktor auf die Gebäckqualität. Damit die Teige optimal bearbeitet werden können, muss die Butter direkt aus dem Kühlschrank mit einer Temperatur von 5° C - 6° C beigegeben werden.

Buttertemperatur 5°C
Teigstruktur nach 20 Sekunden Mischzeit nach der Butterbeigabe:
  • Optimale Verbindung der Teigmasse mit der Butter, weil die Teig- und Butterkonsistenz identisch ist
  • Trockene Teigoberfläche 

Buttertemperatur 24°C
Teigstruktur nach 20 Sekunden Mischzeit nach der Butterbeigabe:
  • Butter ist zu weich, deshalb zerfällt die Teigmasse
  • Schmierige Teigstruktur, dadurch eine längere Teigentwicklungszeit
  • Durch die verlängerte Teigbearbeitung besteht die Gefahr des Überknetens

Eier
Eigelb enthält erhebliche Mengen an Fett und darin befindet sich relativ viel Lecithin. Das Lecithin kann Teigen emulgierend wirken. Neben dieser positiven Wirkung auf den Weizenkleber wird auch das Gashaltevermögen des Klebers verbessert.
Teige mit Vollei lassen sich leichter dehnen und sind plastischer. Die Aufarbeitung ist leichter und die Gärtoleranz besser. Mit dem Zusatz von Vollei oder Eigelb kann das Volumen der Hefegebäcke stark erhöht und der Zeitraum der Frischhaltung verlängert werden. Wenn nur Eiklar verwendet wird, entsteht eher eine strohige Krume. Um die Saftigkeit einer Krume zu erhöhen, sollten die Vollei- oder Eigelbanteile erhöht werden.

Zucker

Der Zusatz von Zucker zu einem Teig führt immer dazu, dass die Flüssigkeitsmenge reduziert werden muss. Die Teige werden kürzer, plastischer, aber nicht wollig. Der gelöste Zucker sorgt dafür, dass die Hefe in ihrer Aktivität gebremst wird. Die Backhefe braucht entsprechend länger für eine ausreichende Lockerung.
Die Wirkung des Zuckers ist stark von der zugesetzten Menge abhängig. Zwischen 2 und 5% auf Mehl bezogen, kommt es zu einer Volumensteigerung, bei mehr als 12% geht das Gebäcksvolumen deutlich zurück und die Lockerung ist eingeschränkt.
Zucker steigert die Bräunung der Gebäcke. Sie werden auch röscher, doch schon nach kurzer Zeit verliert sie die Rösche, weil die zuckerhaltige Kruste dünner ist. Sie nimmt die Feuchtigkeit schneller aus der Luft auf und lässt die Kruste schon nach kurzer zeit weich werden.

Hefe

Der Hefeanteil muss je nach Zusatz von Butter und Zucker entsprechend erhöht werden. Hefemengen zwischen 5 und 8% auf Mehl bezogen sind normal (für mich liegt sie bei 5%).

Salz

Der Salzanteil liegt zwischen 1 und 2% auf Mehl bezogen. Teilweise werden noch geringere Mengen vorgeschlagen. Diese Werte sind auch deshalb bemerkenswert, weil bei diesen Teigen noch erhebliche Mengen an Fett, Zucker und Früchten hinzugefügt werden. Das Salz kann deshalb so niedrig dosiert werden, weil außer dem Salz auch Aroma zugesetzt wird. Es besteht aber kein Grund deutlich unter 2% zu bleiben, denn die Salzmenge stabilisiert den Kleber und trägt zu einem klaren Geschmack bei.



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